Ich habe wieder einmal einen Kommentar geschrieben, diesmal über RSS als unterschätzte Technologie.
Warum wir den Standard (wieder!) vermehrt nutzen sollten, welche Probleme dadurch adressiert werden und was die Politik ohne großen finanziellen Aufwand tun könnte, um die digitale Widerstandsfähigkeit Österreichs zu stärken: https://www.diepresse.com/19563004/weniger-social-media-mehr-rss
Weniger Social Media, mehr RSS!
Egal ob ÖVP Oberösterreich, das AMS Wien oder die Unterkärntner Nachrichten: sie alle kommunizieren über Soziale Netzwerke mit ihrem Publikum. Ob sie ihre Zielgruppe auf Plattformen wie Facebook, X oder LinkedIn auch erreichen, ist aber unsicher. Selbst wenn Nutzer aktiv signalisieren, Updates einer Organisation erhalten zu wollen, entscheiden am Ende die Plattformen, welche Beiträge priorisiert werden. Für gesellschaftspolitisch relevante Akteure, zum Beispiel politische Parteien, Verwaltungseinrichtungen oder regionale Medien, ist das ein ernsthaftes Problem. Entweder zahlen sie für die Verbreitung ihrer Inhalte, wie die meisten werbenden Unternehmen. Oder sie passen sich an die Präferenzen der Algorithmen an, sprich: Reichweite durch Provokation, Clickbait und Co.
Was kann man machen, um die Zielgruppe ohne Bezahlung oder Polarisierung direkt zu erreichen? Die Lösung ist eine Uralt-Technologie namens RSS (heute: “Really Simple Syndication“). RSS ermöglicht es, Änderungen auf Webseiten zu folgen. Bei neuen Inhalten wird man benachrichtigt: wann und wie oft, das kann man selbst steuern. Im Zeitalter der Blogs war RSS weit verbreitet – das orange Symbol mit den Funkwellen prägte das Web 2.0. Auch heute ist die Technologie noch präsent: WordPress-Webseiten sowie die Profile der X-Alternativen Bluesky und Mastodon verfügen über RSS-Feeds. Das gesamte Podcast-Universum baut ebenfalls auf RSS-Feeds auf.
RSS-Feeds ersetzen keine sozialen Medien. Es gibt keinen zentralen „Public Square“ mit Diskussionen zu trendigen Themen und weniger Interaktionsmöglichkeiten. Inhalte verbreiten sich selten viral. RSS-Feeds bieten aber eine wesentliche Funktion: eine plattformunabhängige Garantie, über neue Inhalte informiert zu werden. Im Zentrum steht nicht der soziale Aspekt, sondern der Informationsgewinn. Einen RSS-Feed bereitzustellen ist ein individueller Beitrag gegen die Zentralisierung des Internets durch wenige Plattformen. Jeder RSS-Feed schafft einen Anreiz für Nutzerinnen und Nutzer, unabhängig von der Plattform Inhalte zu konsumieren.
Wirksame Politik machen
Im Regierungsprogramm wird die „verstärkte Regulierung und Kontrolle über digitale Plattformen“ als Ziel genannt. Bis zur Umsetzung ist es wichtig, Resilienz aufzubauen und große soziale Netzwerke nicht durch exklusive Inhalte in deren geschlossenen Systemen zu verstärken. Wie das gelingt? Eine einfache Möglichkeit wäre es, Bundesstellen (z. B. Behörden) die Nutzung eines RSS-fähigen Systems für News und Updates vorzuschreiben. Der Aufwand wäre gering. Auch ein bundesweit einheitlicher Hinweis auf RSS-Feeds wäre hilfreich. Sichtbare RSS-Symbole sind wichtige Signale, eine einfache Gebrauchsanleitung zur RSS-Nutzung kann helfen. Positive Beispiele: das österreichische Parlament ermöglicht personalisierte RSS-Feeds, der Verfassungsgerichtshof weist plakativ auf seine RSS-Feeds hin. Auch Medien wie die „Presse“ bieten RSS-Feeds an.
Große Plattformen wollen Mittelsmänner sein, die entscheiden, wer welche Inhalte sehen kann. Erhalten Bürgerinnen und Bürger Informationen exklusiv über Plattformen, führt das zu einer massiven Abhängigkeit und macht uns demokratisch verwundbar. Die Politik kann niederschwellig Maßnahmen setzen, um die digitale Widerstandsfähigkeit zu erhöhen. RSS kann dabei helfen. Ganz ohne Budgetvorbehalt.
http://zweicent.at/wp-content/uploads/2017/02/zweicent3.jpg00Michael Fälblhttp://zweicent.at/wp-content/uploads/2017/02/zweicent3.jpgMichael Fälbl2025-04-10 08:11:472025-04-10 08:11:49Das R in RSS steht für Resilienz
Als die „Große Dezentralisierung“ bezeichnet Renée DiResta, US-Professorin und ehemalige Forschungsleiterin am Stanford Internet Observatory, die aktuelle Fragmentierung im digitalen Diskurs.
Moderation ist dabei das Kern-Element – wie eine Plattform moderiert wird bestimmt, wer die Plattform heute nutzt. Politische Identitäten dominieren zunehmend.
Ein sehr lesenswerter Text über die Gegenwart und Zukunft sozialer Medien:
Armin Thurnher, Herausgeber des Falter, hat ein Plädoyer für mehr demokratische Leidenschaft geschrieben.
Ich lese den Falter u.a. deswegen gerne, weil die abgebildeten Meinungen – im Unterschied zum Image der Zeitung – oft nicht dem linksliberalen Mainstream entsprechen. Thurnher erklärt z.B., warum er seine Einstellung zu Migration und zur militärischen Aufrüstung Europas geändert hat.
Das „Front Porch Forum“ im US-Bundesstaat Vermont zeigt vor, wie ein alternatives soziales Netzwerk aussehen kann. Die Kernzutaten: Langsamkeit, starke Moderation, keine Likes oder Empfehlungsalgorithmen, kein Echtzeit-Feed. Der Fokus liegt auf regionalen Gemeinschaften, nicht auf der Maximierung der Nutzungszeit. Das führt augenscheinlich zu einem zivilisierteren Diskurs, auch zu gesellschaftspolitisch brisanten Themen.
In Österreich sind Alternativen zu großen Plattformen ebenfalls immer wieder Thema. Eine solche Art von Netzwerk könnte auch hierzulande aufgesetzt werden. Ein Leuchtturm-/Pilotprojekt wäre das jedenfalls.
Ein lesenswerter Longread über Netflix und dessen durchschnittsdatengetriebene Inhalte – warum gefühlt bei unendlich viel Content die Anzahl qualitativ hochwertiger Filme abnimmt:
Teil der Kleinen Zeitung zu Silvester war eine Beilage, bei der zum Jahreswechsel knapp 30 Männer ihre Perspektive auf das neue Jahr beigesteuert haben. Keine Frau kam zu Wort.
Bei Luft und Wasser achten wir penibel auf Qualität, bauen ganze Systeme um Standards sicherzustellen. Online ist das nicht so – Trink- und Abwasser fließen durch die gleichen digitalen Röhren. Das ist ein Problem.
Warum Cory Doctorow nicht auf Bluesky ist und was sich ändern müsste, damit sich das ändert. Kurzgefasst: die Freiheit, die Anwendung zu verlassen, ohne dabei Kontakte bzw. Follower zu verlieren, existiert (noch) nicht. Lesenswert: https://pluralistic.net/2024/11/02/ulysses-pact
Frei nach Armin Thurnher: wir brauchen öffentlich-rechtliche soziale Medien.
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