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Internetentwicklungsaktivitäten

Eine informative Geschichte zur Entwicklung des Internets, zu den Vorzügen und Nachteilen unserer digitalen Infrastruktur und zu deren Zukunft. Insbesondere Social Media braucht Veränderungen – Dezentralisierung, Bezahlmodelle und weniger globale Viralität sind Schritte, die vermehrt gesetzt werden und bestehende Probleme adressieren. Lesenswert:

https://www.technologyreview.com/2023/10/17/1081194/how-to-fix-the-internet-online-discourse

Jugenschutzdigitalisierung

Barbara Tóth vom Falter hat ein wirklich lesenswertes Interview mit Silke Müller, einer Schulleiterin in Niedersachsen, geführt. Im Mittelpunkt steht die gewaltige Herausforderung für Eltern, einen passenden Umgang mit Smartphones und Social Media zu finden: https://www.falter.at/zeitung/20231010/wir-brauchen-eine-digitale-ethik

tl;dr:
– Jugendliche kommen zwangsläufig mit gewaltverherrlichenden und sexualisierten Inhalten in Kontakt, es braucht frühzeitige und intensive Bewusstseinsbildung durch Eltern & Schule.
– Die negativen Auswirkungen verschiedener Apps, sie nennt explizit TikTok und Social Media, reichen von sinkenden Aufmerksamkeitsspannen, über eine Verrohung der Sprache bis hin zu körperlichen Problemen.
– Gegensteuern ist möglich, z.B. über schulische Nutzungsbeschränkungen für Smartphones oder Social Media Sprechstunden. Über individuelle und standortspezifische Maßnahmen hinaus wären gesetzliche Regulierungen notwendig.

Vom Autor Max Fisher („The Chaos Machine“) kommt der Vergleich zwischen Social Media und Tabakkonsum: es geht nicht darum, dass wir bessere Produkte brauchen, sondern dass wir den Zugang dazu limitieren. Müller tritt für ein Jugendschutzgesetz ein, dass Smartphones erst ab 12 oder 14 erlaubt. Der NYU-Professor Jonathan Haidt setzt sich wiederum für altersbezogene und durchsetzbare Zugangsbeschränkungen für Social Media ein.

Dafür braucht es die Politik, auch in Österreich.

Zum Abschluss ein, wie ich finde, sehr gut zum Thema passendes und unterhaltsames Lied – für die nicht-Lesefreudigen 🤓

Girls Girls Girls

Der Standard schrieb kürzlich über den „Trend“ von „Lazy Girl Jobs“ – im amerikanischen Medium Vox kann man nachlesen, was hinter der Vielzahl an „Girl“-Trends, die vor allem auf TikTok ihren Ursprung haben, zu halten ist.

Ein lesenswerter Kontrast.

Öffentlich-rechtliche Social Media

Die BBC, der öffentlich-rechtliche Rundfunk Großbritanniens, erklärt in einem Blogpost, warum sie jetzt auf Mastodon aktiv ist.

tl;dr: die BBC betreibt einen experimentellen Mastodon-Server um ein „Public Service Internet“ zu unterstützen. Die Einrichtung war mit einigen Herausforderungen verbunden, z.B. den notwendigen Überlegungen zur selbst aufzusetzenden Moderation der Inhalte. Der Server wird für 6 Monate laufen, danach wird evaluiert.

Das wäre für den ORF auch eine sehr gute Idee…

Verhaltensdatensammlungsstopp

Die norwegische Datenschutzbehörde verbietet Meta (Facebook, Instagram), auf Verhaltensdaten basierende Werbung anzubieten.

Die Behörde im Wortlaut: „Invasive commercial surveillance for marketing purposes is one of the biggest risks to data protection on the internet today„.

Die Arbeit von NOYB und Co. trägt Früchte – und positive Entwicklungen starten ja oft in Skandinavien…

https://techcrunch.com/2023/07/17/norway-meta-ads-ban/

Fediverseentwicklungsmaßnahmen

Ich habe einen Leserbrief zum Fediverse und zu sozialen Netzwerken geschrieben:

https://www.derstandard.at/story/3000000177076/oesterreich-braucht-eine-resiliente-digital-soziale-infrastruktur


Österreich braucht eine resiliente digital-soziale Infrastruktur

Im digital wenig affinen Österreich beachten Medien oft nur selten die Online-Plattform Reddit. Das ist schade, denn dort herrscht ein reger Austausch. In der r/Austria-Gruppe unterhalten sich zum Beispiel über 430.000 Nutzerinnen und Nutzer laufend zu allem, was unser Land betrifft, von Schnitzel und Gis-Gebühren bis hin zu arbeitsrechtlichen Fragen, Inflation oder Innenpolitik. Ehrenamtliche Moderatorinnen und Moderatoren sorgen für Grundregeln und eine intakte Diskussionskultur.

Mitte Juni war eine Diskussion kurzfristig nicht mehr möglich. Aufgrund des „Reddit Blackouts“ waren über 7.000 Reddit-Gruppen, darunter auch r/Austria, nicht erreichbar. Gemeinsam protestierte man gegen Änderungen, die das Unternehmen Reddit Inc. im Zuge seines Börsengangs umsetzen möchte. In vielen Gruppen dauert der Protest weiter an. So ist zum Beispiel die Reddit-Gruppe r/Wien bis auf weiteres nicht erreichbar – mehr als 105.000 Menschen können sich derzeit nicht zu Themen mit Wien-Bezug austauschen.

Digitaler Austausch und Vernetzung in Österreich

Die digitale Organisation österreichischer Gruppen geht mittlerweile weit über technikaffine Millennials und die Bundeshauptstadt hinaus. So vernetzen sich zum Beispiel in der Facebook-Gruppe „Wolfsberger helfen Wolfsbergern“ mehr als 13.000 Bewohnerinnen und Bewohner eines Kärntner Bezirks, in der „Stillecke 2.0“ bekommen 60.000 Mütter Ratschläge für das Stillen ihrer Kinder.

In unserer (digitalen) Welt sind solche Gruppen von großer Bedeutung, sie stärken den Zusammenhalt und sind zunehmend wichtig für das österreichische Sozialleben. Dieser an Relevanz gewinnende Baustein unserer Gesellschaft, unsere digital-soziale Infrastruktur, benötigt mehr Aufmerksamkeit. Wie andere Infrastrukturen sollte auch sie möglichst resilient und widerstandsfähig sein.

Das Beispiel Reddit zeigt aber leider, dass dem nicht so ist. Die Entscheidungen eines US-Unternehmens drohen zur Auflösung gewachsener österreichischer Strukturen zu führen. An anderer Stelle ist die Lage nicht besser: Unternehmen wie Meta, zu dem Facebook und WhatsApp gehören, oder Twitter sind nicht dafür bekannt, bei ihren Entscheidungen die Konsequenzen für auf den Plattformen vernetzte Gruppen proaktiv zu berücksichtigen. Deren wesentliche Entscheidungsträger üben sich stattdessen in beidseitigem Macho-Gehabe.

Alternative Fediverse

Wie kann sich diese Situation verändern? Die Antwort als Kurzfassung: durch das Fediverse. Unter dem Begriff Fediverse werden verschiedene Anwendungen zusammengefasst, die auf einem offenen Kommunikationsprotokoll, die auf dem offenen technischen Standard „AcitivtyPub“ basieren und dezentrale Alternativen zu bestehenden Plattformen bieten. Die bekannteste Anwendung im Fediverse ist die Twitter-Alternative Mastodon.

Mastodon und die verschiedenen Anwendungen im Fediverse sind (noch) nicht perfekt. Sie sind zumeist nicht so weit verbreitet oder bedienungsfreundlich wie proprietäre Lösungen. Als Open-Source-Software werden die Anwendungen aber von einer globalen Gemeinschaft laufend weiterentwickelt. Die Möglichkeit, global angebundene, aber lokal betriebene Ableger (Instanzen) zu schaffen, garantiert die Unabhängigkeit einzelner Gruppierungen.

Politische Maßnahmen zur Resilienzsteigerung

Lokale Instanzen erfordern finanzielle Mittel und die notwendigen Kompetenzen für ihren Aufbau und Betrieb. An dieser Stelle ergibt sich ein Handlungsfeld für die österreichische Politik. Mit einer Fediverse-Förderung könnte man zum Beispiel Vereine oder Gruppen dabei unterstützen, Fediverse-Instanzen zu schaffen und mit ihren Gemeinschaften den Umzug in das Fediverse zu vollziehen.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Einerseits könnte eine langfristig stabile und unabhängige digital-soziale Infrastruktur geschaffen werden, die einen demokratischen Mehrwert stiftet. Andererseits könnte eine solche Förderung an eine österreichischen Gesetzen entsprechende Moderation geknüpft und so Hass im Netz vorgebeugt werden. Ganz abgesehen davon könnte der Betrieb einer Fediverse-Instanz zum Aufbau digitaler Kompetenzen an ungeahnter Stelle führen und für umtriebige lokale Akteurinnen und Akteure die Möglichkeit einer Existenzsicherung bieten.

Resilienz ist aktuell ein weit verbreitetes Schlagwort. Österreich versucht, seine Infrastruktur auf unterschiedliche Arten abzusichern. Es gilt, ein (weiteres) Blackout unserer digital-sozialen Infrastruktur zu vermeiden.

Foto von Shubham Dhage auf Unsplash

Devicebeschränkungsmaßnahmen

Der Psychologieprofessor Jonathan Haidt sieht Smartphones und Social Media als wesentliche Gründe für die sich verschlechternde psychische Gesundheit junger Menschen: „The younger the age of getting the first smartphone, the worse the mental health that the young adult reports today.

Eine wichtige Ableitung: Je später Kinder und Jugendliche ein Smartphone bekommen, desto besser.

Wie lässt sich das umsetzen?

  1. Eltern sollen sich zusammenschließen und sich dafür einsetzen, dass Kinder in der Volksschule und in der Unterstufe keine Smartphones bekommen.
  2. Schulen sollen die Smartphone-Nutzung soweit wie möglich unterbinden, Smartphones morgens absammeln und sie erst nach der Schule wieder zurückgeben.
  3. Der Gesetzgeber soll eine Altersgrenze für Social Media einziehen und diese auch effektiv durchsetzen.

Mehr dazu im Text:

https://jonathanhaidt.substack.com/p/sapien-smartphone-report

Sozialkapitalerhaltungsmaßnahmeen

Jonathan Haidt, Psychologieprofessor an der NYU und Eric Schmidt, der ehemalige CEO von Google, haben gemeinsam einen Artikel über potenzielle Gefahren von künstlicher Intelligenz im Zusammenhang mit sozialen Medien verfasst.

Sie fassen einerseits entstehende Problemfelder zusammen (z.B. Steigerung von Falschinformationen, KI-gestützte „Influencer“…) und machen andererseits Vorschläge für Maßnahmen, um gegenzusteuern (z.B. Authentifizierung und Identitätsüberprüfung, Transparenzverpflichtungen für Plattformen…).

Lesenswert:

https://www.theatlantic.com/technology/archive/2023/05/generative-ai-social-media-integration-dangers-disinformation-addiction/673940/

Personalisierungsschlussstrich

noyb.eu, die von Max Schrems gegründete und sehr unterstützenswerte Datenschutz-NGO, hat ein Tool gebastelt, mit dem man Facebook/Meta mitteilen kann, dass personenbezogene Daten nicht für Werbezwecke verwendet werden sollen:

https://meta-out.noyb.eu/

Verhaltensdatennutzungsreduktion

Max Schrems und NOYB sind wesentliche Player, was die (sehr wichtige) Durchsetzung von Datenschutz in Europa betrifft.

Im Jänner 2023 wird sich zeigen, ob eine von ihnen initiierte Klage dazu führt, dass Facebook/Meta europäischen NutzerInnen erlauben muss, personalisierte (i.e. auf gesammelten Nutzungsdaten aufbauende) Werbung abzuschalten. Verbunden ist das auch mit einer potenziell sehr hohen Strafe, falls entschieden wird, dass die Nutzung der Verhaltensdaten – und damit ein wesentlicher Teil des Geschäftsmodells von Facebook, Instagram & Co. – in den letzten Jahren illegal war.

Das ist/wird sehr spannend:

https://noyb.eu/en/noyb-win-personalized-ads-facebook-instagram-and-whatsapp-declared-illegal