Halbleiterhandel
Ein lesenswerter Blogpost von Ben Thompson über die enge Verbindung von Software aus dem Silicon Valley und Hardware aus Asien – und darüber, wie die Trump Präsidentschaft sich auf die gesamte Tech-Industrie auswirken könnte:
Ein lesenswerter Blogpost von Ben Thompson über die enge Verbindung von Software aus dem Silicon Valley und Hardware aus Asien – und darüber, wie die Trump Präsidentschaft sich auf die gesamte Tech-Industrie auswirken könnte:
In meiner beruflichen Rolle habe ich in einem kurzen Kommentar verschiedene deutsche und europäische Daten-Initiativen zusammengefasst, die ich bei einer Konferenz in Berlin kennenlernen durfte:
Wettbewerbsfähigkeit, Nachhaltigkeit und Resilienz prägen den wirtschaftspolitischen Diskurs Europas. Digitalisierung wird als ein zentrales Werkzeug für diese Ziele betrachtet. Zahlreiche politische und industrielle Initiativen streben datenbasierte Kooperationen in Wertschöpfungsnetzwerken an, auf nationaler und internationaler Ebene.
Abseits vom Digital Europe Programme und Initiativen anderer Länder treibt insbesondere Deutschland diesen Ansatz voran. Nach Gaia-X, Catena-X und zahlreichen weiteren Maßnahmen, investiert die deutsche Bundesregierung derzeit 150 Millionen Euro in das Förderprogramm Manufacturing-X. Ziel ist es, Strategien zu entwickeln und Lösungen zu implementieren, die die Transformation der Industrie unterstützen.
„Scaling Industrial Data Ecosystems“ – unter diesem Motto lud das deutsche Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Oktober zu einer Veranstaltung nach Berlin ein. Dort wurden Visionen und Maßnahmen vorgestellt sowie Akteure vernetzt. Ein Rückblick.
Von verschiedenen Seiten wurde betont, dass mutige Investitionen in die Zukunft der europäischen Industrie notwendig sind. Doch welche Investitionen sind gemeint? Und in welche Zukunft wird investiert?
Bernhard Kluttig, Leiter der Abteilung Industriepolitik im BMWK betonte den Qualitätsanspruch der deutschen Industrie, der auch in Zukunft gelten müsse. Die 2020 gestarteten KoPa 35c-Projekte, Catena-X, Manufacturing-X, 8ra und Co. sind Initiativen, die diesen Zugang untermauern sollen. Ernst Stöckl-Pukall, Referatsleiter Digitalisierung und Industrie 4.0, sieht die Rolle des BMWK darin, die projektübergreifende Zusammenarbeit einzufordern.
Auch Prof. René Rohrbeck von der EDHEC Business School betonte die Bedeutung von Zusammenarbeit und erinnerte an frühere Industrieinitiativen, z.B. das Suchmaschinenprojekt Quaero. Erfolgreiche Initiativen würden ein länderübergreifendes Problemverständnis voraussetzen, ihr volkswirtschaftliche Nutzen müsse klar sein. Ein Positivbeispiel wäre das Galileo-Projekt in der Satellitennavigation.
Die anwesenden Industrievertreterinnen teilten diese Ansicht. Annika Hauptvogel von Siemens bekräftigte, dass auch große Konzerne nicht schnell sein können, wenn sie alles selbst machen wollen, man brauche Partnerschaften. Ähnlich sieht das Thomas Schneider von TRUMPF: in der Vergangenheit habe die Kundschaft auf die Qualität einer Maschine vertraut, heute fordere sie die Qualität eines ganzen Ökosystems ein. Die Standardisierung müsse von Unternehmen wieder stärker besetzt werden. Eine IT-Architektur solle kein Alleinstellungsmerkmal, sondern ein Standard sein, der mit bestehenden Spezialisierungen einfach kombinierbar sein muss.
Das politische Backup für die kooperativen Ansätze kommt von Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck. Dieser sieht ein gemeinsames Datenökosystem als Basis für ein neues Produktionswachstum in Deutschland. Trotz im Vergleich zu großen Technologieunternehmen begrenzter finanzieller Mittel sieht er in der Kooperation rund um Manufacturing-X & Co. eine potenziell starke Hebelwirkung.
Optimistisch blieb auch Prof. Henning Kagermann. Er verwies auf den langen Atem, den Deutschland bei der Entwicklung von Industrie 4.0 bewiesen habe. Die Plattform Industrie 4.0 in Deutschland wäre immer wieder durch innovative Bausteine aufgewertet worden. Nun würden aber strukturelle Herausforderungen Deutschland einholen – als Ausweg beschrieb er gemeinsame Initiativen, internationale Kooperationen und die notwendige Rolle des Staates als Kunde innovativer Lösungen. Abseits von Subventionen und Förderungen brauche es gemeinsame Entwicklungsarbeit, Verantwortungsübernahme und vor allem Aufbruchstimmung. Auch Gewerkschaften und Betriebsräte könne man für die Zukunft der europäischen Industrie begeistern.
Um diese Vision Wirklichkeit werden zu lassen, setzt Deutschland auf verschiedene Projekte in den Bereichen Infrastruktur, Technologieanwendung und Wissenstransfer.
Mit der digitalen Infrastruktur beschäftigt sich das 8ra-Projekt, das „Important Project of Common European Interest“ zu Cloud und Edge Computing (IPCEI-CIS). Über das Projekt werden 3,5 Mrd. € in circa 120 Umsetzungsprojekte investiert, 12 Länder beteiligen sich. Gemeinsam möchte man die Abhängigkeit europäischer Unternehmen von Technologie-Anbietern aus Drittländern reduzieren.
Die Technologieanwendung in Unternehmen wird über die verschiedenen „X-Projekte“ gefördert. Bei Catena-X, dem Leuchtturmprojekt der Automobilindustrie, setzt man ganz auf die Entwicklung von Open Source Software im Eclipse-Projekt Tractus-X. Oliver Ganser von BMW unterstrich die Bedeutung gemeinsamer Softwareentwicklung für die Umsetzung von „Industrie 4.0 Plus“. Andreas Wollny von BASF hob die Wichtigkeit von Interoperabilität in Catena-X hervor, die sich z.B. an einem gemeinsamen Datenmodell zur Berechnung des Product Carbon Footprint zeigt. Sophie Smolka von LRP Autorecycling verwies auf die Vorteile standardisierter Batteriepässe für Unternehmen im Recycling.
Die verschiedenen Manufacturing-X-Projekte stehen derzeit am Anfang. Die Förderung eines weiteren Projekts im Bereich der Robotik, RoX, wurde im Rahmen der Konferenz bekanntgegeben. Was sie alle gemeinsam haben (sollen), ist die Software-Basis. Michael Plagge von der Eclipse Foundation sprach von „Open Collaboration“ als passenden Begriff für die gemeinsame Weiterentwicklung der Manufacturing-X-Bausteine. Er appellierte außerdem an Unternehmen, sich gut um ihre Softwareentwicklerinnen zu kümmern – sie sind die Heizer im Maschinenraum und schaffen die technische Basis für die Projektarbeit.
Der Wissenstransfer spielt bei allen genannten Projekten eine wesentliche Rolle. Einerseits sollen bestehende Netzwerke eingebunden werden, z.B. die Initiative Next Level Mittelstand. Andererseits soll die Internationalisierung über das International Manufacturing-X Council rund um Thomas Hahn von Siemens verfolgt werden.
Für den Wissensaustausch zwischen den Projekten sorgt das „Manufacturing-X Guidance Board“, in dem sich u.a. Georg Kube von SAP engagiert. Um die Verbreitung von Knowhow aus den Projekten und damit die Skalierung in die breite Wirtschaft wird sich u.a. das Projekt Scale-MX kümmern. Angelina Marko vom ZVEI wird das Projekt gemeinsam mit weiteren deutschen Verbänden und regionalen Netzwerken umsetzen.
Für Österreich, dessen Wirtschaft eng mit der deutschen verbunden ist, bieten sich verschiedene Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Einerseits werden auch hierzulande immer wieder Projekte gefördert, die ähnliche Zielsetzungen verfolgen. Die Anknüpfung an Manufacturing-X wurde zuletzt z.B. bei der Ausschreibung für ein Leitprojekt zum Digitalen Produktpass explizit hervorgehoben.
Andererseits gibt es die Möglichkeit der direkten Kooperation mit den verschiedenen X-Projekten. Bei vielen von ihnen, z.B. Factory-X, Semiconductor-X oder Decide4ECO, können sich österreichische Firmen als assoziierte Partner beteiligen. Abgesehen davon informieren wir bei der Plattform Industrie 4.0 laufend über Entwicklungen und Neuigkeiten zum Datenaustausch in der Produktion. Interessierte können sich hier für den Verteiler anmelden.
In meiner beruflichen Rolle habe ich in einem kurzen Kommentar die Mitwirkungsmöglichkeiten rund um den „Digitalen Produktpass“ beschrieben:
Vom AI Act bis hin zum viel diskutierten Renaturierungsgesetz: die letzte Amtsperiode der europäischen Kommission war geprägt von einer Vielzahl an Regulierungen. Zähe Verhandlungen und hart errungene Kompromisse waren dabei ein ständiger Begleiter.
Ursula von der Leyen leitet nun für weitere fünf Jahre die EU-Kommission. Es ist trotz veränderter geopolitischer Lage davon auszugehen, dass die Ergebnisse der letzten fünf Jahre von der neuen alten Kommissionspräsidentin wohl nicht über Bord geworfen werden. Im Gegenteil: viele der beschlossenen Rechtsakte kommen demnächst erst zur Anwendung.
Für Österreichs wichtige produzierende Industrie sind z.B. das Datengesetz, die Lieferkettenrichtlinie oder die neue Ökodesignverordnung hochrelevant. Als Rechtsakte sind sie alle bereits in Kraft, konkrete Verpflichtungen für Unternehmen werden in den kommenden Jahren Schritt für Schritt erarbeitet und eingeführt. Sehr viel ist hier noch offen.
Beispielsweise zielt die neue Ökodesignverordnung (Ecodesign for Sustainable Products Regulation, ESPR) darauf ab, europäische Produkte nachhaltiger zu gestalten und die vielbeschworene Kreislaufwirtschaft in der Praxis umzusetzen. Batterien, Textilien, Baustoffe, etc. – unterschiedliche Produktkategorien sollen mit Hilfe der ESPR umweltfreundlicher werden. Über Jahre wurde verhandelt, am 18. Juli ist die ESPR in Kraft getreten. Ihre volle Gültigkeit entfaltet die Regelung jedoch erst in den nächsten Jahren.
Ein zentrales Element für die Umsetzung der ESPR wird der Digitale Produktpass (DPP) bilden. Mit dessen Hilfe sollen über den Lebenszyklus eines Produkts relevante Daten ausgetauscht werden, vom Hersteller bis zum Entsorgungsunternehmen. Im DPP verschiedener Produkte – eines Handyakkus, eines Pullovers, eines Kühlschranks etc. – sollen z.B. Informationen zu den verarbeiteten Materialien gespeichert werden und langfristig z.B. Reparatur- oder Recycling-Unternehmen die Verwertung der Bestandteile erleichtern. 2027 sind die ersten verpflichtenden Produktpässe geplant.
Um diese Zielsetzung einzuhalten, sind noch viele Schritte notwendig. Einerseits muss festgelegt werden, wie der Digitale Produktpass technisch umgesetzt wird. Chips, Barcodes oder Formate für die Datenspeicherung werden eine wichtige Rolle spielen. Mit diesen Themen beschäftigt sich derzeit die europäische Standardisierung bei CEN-CENELEC. Andererseits muss für die sehr verschiedenen Produktkategorien entschieden werden, welche Daten wie erfasst werden sollen. Bei Baustoffen sind andere Kriterien oder Speichermedien relevant als bei Elektrogeräten.
Doch was ist die Grundlage für die Daten im DPP – wie kommen EU-Beamte zu Informationen?
Zum einen können Vertreterinnen aus Industrie, Wissenschaft oder Verbänden in branchenspezifischen Workshops ihre Wünsche, Bedenken und Überlegungen einbringen. Aktuell finden Workshops zu Eisen- und Stahl-Produkten sowie zu Textilien statt. Zum anderen wird in Kürze das so genannte Ökodesign Forum als Expertengruppe der Kommission aufgesetzt. Für dieses Ökodesign Forum können sich interessierte Personen bewerben, um die produktgruppenspezifischen Eigenheiten des DPP mitzugestalten.
Durch Interaktion mit der EU-Kommission können Unternehmen, wissenschaftliche Einrichtungen, NGOs etc. den DPP mitgestalten und sicherstellen, dass die Umsetzung möglichst praktikabel erfolgt. Es ist im Interesse der Politik, dass Regularien nicht als belastende Bürokratie empfunden werden. Im Gegenteil: im Optimalfall sollen Regularien wie die ESPR der europäischen Wirtschaft neue Chancen und Möglichkeiten bieten.
Europäische Regularien brechen nicht sintflutartig über die Wirtschaft herein. Österreichische Stakeholder können die europäische Industriepolitik mitgestalten, die Umsetzung der ESPR zeigt das beispielhaft. Kammern, Verbände und wissenschaftliche Einrichtungen bieten Unterstützung für interessierte Firmen. Diese müssen sich nur einbringen.
Wie entsteht eine globale Wertschöpfungskette? 🌍
Eine äußerst lesenswerte Geschichte über die Entstehung von Transistoren, das Wettrennen um deren Verwendung, wirtschaftliche und militärische Macht, globale Arbeitsteilung, Kalifornien, TSMC, Stanford, Peter Thiel, Libertarismus – und Top Gun Maverick:
https://inkstickmedia.com/global-tech-supply-chains-are-as-complex-as-a-circuit-board/
Ein wirklich lesenswerter Einblick in eine Welt, die man sich kaum vorstellen kann – der Journalist Kimon de Greef beschreibt die Arbeit bzw. die Zustände in illegalen Goldminen in Südafrika:
Eine sehr interessante Geschichte über große Schiffe, deren Entladung, die Rechtsgrundlage dafür und warum das alles Einfluss auf aktuelle Engpässe und globale Lieferketten hat:
https://mattstoller.substack.com/p/too-big-to-sail-how-a-legal-revolution
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