Werbeparametertransparenz

Die amerikanische News-Plattform The Markup zeigt in einem Artikel den Detailgrad der Profile, die über die Nutzerinnen und Nutzer digitaler Plattformen angelegt werden.

Zuschreibungen wie „Receptive to emotional Messaging“ oder „Mid – Life Strugglers – Small-Town Families“ entstehen durch verhaltensbasierte Daten und werden für verhaltensbasierte Werbung verwendet.

Den dazugehörigen Datensatz hat übrigens der österreichische Tech-Forscher und -Aktivist Wolfie Christl entdeckt.

Lesenswert:

https://themarkup.org/privacy/2023/06/08/from-heavy-purchasers-of-pregnancy-tests-to-the-depression-prone-we-found-650000-ways-advertisers-label-you

Verhaltensdatensammlungsstopp

Die norwegische Datenschutzbehörde verbietet Meta (Facebook, Instagram), auf Verhaltensdaten basierende Werbung anzubieten.

Die Behörde im Wortlaut: „Invasive commercial surveillance for marketing purposes is one of the biggest risks to data protection on the internet today„.

Die Arbeit von NOYB und Co. trägt Früchte – und positive Entwicklungen starten ja oft in Skandinavien…

https://techcrunch.com/2023/07/17/norway-meta-ads-ban/

Mikrochipentwicklungen

Wie entsteht eine globale Wertschöpfungskette? 🌍

Eine äußerst lesenswerte Geschichte über die Entstehung von Transistoren, das Wettrennen um deren Verwendung, wirtschaftliche und militärische Macht, globale Arbeitsteilung, Kalifornien, TSMC, Stanford, Peter Thiel, Libertarismus – und Top Gun Maverick:

https://inkstickmedia.com/global-tech-supply-chains-are-as-complex-as-a-circuit-board/

Fediverseentwicklungsmaßnahmen

Ich habe einen Leserbrief zum Fediverse und zu sozialen Netzwerken geschrieben:

https://www.derstandard.at/story/3000000177076/oesterreich-braucht-eine-resiliente-digital-soziale-infrastruktur


Österreich braucht eine resiliente digital-soziale Infrastruktur

Im digital wenig affinen Österreich beachten Medien oft nur selten die Online-Plattform Reddit. Das ist schade, denn dort herrscht ein reger Austausch. In der r/Austria-Gruppe unterhalten sich zum Beispiel über 430.000 Nutzerinnen und Nutzer laufend zu allem, was unser Land betrifft, von Schnitzel und Gis-Gebühren bis hin zu arbeitsrechtlichen Fragen, Inflation oder Innenpolitik. Ehrenamtliche Moderatorinnen und Moderatoren sorgen für Grundregeln und eine intakte Diskussionskultur.

Mitte Juni war eine Diskussion kurzfristig nicht mehr möglich. Aufgrund des „Reddit Blackouts“ waren über 7.000 Reddit-Gruppen, darunter auch r/Austria, nicht erreichbar. Gemeinsam protestierte man gegen Änderungen, die das Unternehmen Reddit Inc. im Zuge seines Börsengangs umsetzen möchte. In vielen Gruppen dauert der Protest weiter an. So ist zum Beispiel die Reddit-Gruppe r/Wien bis auf weiteres nicht erreichbar – mehr als 105.000 Menschen können sich derzeit nicht zu Themen mit Wien-Bezug austauschen.

Digitaler Austausch und Vernetzung in Österreich

Die digitale Organisation österreichischer Gruppen geht mittlerweile weit über technikaffine Millennials und die Bundeshauptstadt hinaus. So vernetzen sich zum Beispiel in der Facebook-Gruppe „Wolfsberger helfen Wolfsbergern“ mehr als 13.000 Bewohnerinnen und Bewohner eines Kärntner Bezirks, in der „Stillecke 2.0“ bekommen 60.000 Mütter Ratschläge für das Stillen ihrer Kinder.

In unserer (digitalen) Welt sind solche Gruppen von großer Bedeutung, sie stärken den Zusammenhalt und sind zunehmend wichtig für das österreichische Sozialleben. Dieser an Relevanz gewinnende Baustein unserer Gesellschaft, unsere digital-soziale Infrastruktur, benötigt mehr Aufmerksamkeit. Wie andere Infrastrukturen sollte auch sie möglichst resilient und widerstandsfähig sein.

Das Beispiel Reddit zeigt aber leider, dass dem nicht so ist. Die Entscheidungen eines US-Unternehmens drohen zur Auflösung gewachsener österreichischer Strukturen zu führen. An anderer Stelle ist die Lage nicht besser: Unternehmen wie Meta, zu dem Facebook und WhatsApp gehören, oder Twitter sind nicht dafür bekannt, bei ihren Entscheidungen die Konsequenzen für auf den Plattformen vernetzte Gruppen proaktiv zu berücksichtigen. Deren wesentliche Entscheidungsträger üben sich stattdessen in beidseitigem Macho-Gehabe.

Alternative Fediverse

Wie kann sich diese Situation verändern? Die Antwort als Kurzfassung: durch das Fediverse. Unter dem Begriff Fediverse werden verschiedene Anwendungen zusammengefasst, die auf einem offenen Kommunikationsprotokoll, die auf dem offenen technischen Standard „AcitivtyPub“ basieren und dezentrale Alternativen zu bestehenden Plattformen bieten. Die bekannteste Anwendung im Fediverse ist die Twitter-Alternative Mastodon.

Mastodon und die verschiedenen Anwendungen im Fediverse sind (noch) nicht perfekt. Sie sind zumeist nicht so weit verbreitet oder bedienungsfreundlich wie proprietäre Lösungen. Als Open-Source-Software werden die Anwendungen aber von einer globalen Gemeinschaft laufend weiterentwickelt. Die Möglichkeit, global angebundene, aber lokal betriebene Ableger (Instanzen) zu schaffen, garantiert die Unabhängigkeit einzelner Gruppierungen.

Politische Maßnahmen zur Resilienzsteigerung

Lokale Instanzen erfordern finanzielle Mittel und die notwendigen Kompetenzen für ihren Aufbau und Betrieb. An dieser Stelle ergibt sich ein Handlungsfeld für die österreichische Politik. Mit einer Fediverse-Förderung könnte man zum Beispiel Vereine oder Gruppen dabei unterstützen, Fediverse-Instanzen zu schaffen und mit ihren Gemeinschaften den Umzug in das Fediverse zu vollziehen.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Einerseits könnte eine langfristig stabile und unabhängige digital-soziale Infrastruktur geschaffen werden, die einen demokratischen Mehrwert stiftet. Andererseits könnte eine solche Förderung an eine österreichischen Gesetzen entsprechende Moderation geknüpft und so Hass im Netz vorgebeugt werden. Ganz abgesehen davon könnte der Betrieb einer Fediverse-Instanz zum Aufbau digitaler Kompetenzen an ungeahnter Stelle führen und für umtriebige lokale Akteurinnen und Akteure die Möglichkeit einer Existenzsicherung bieten.

Resilienz ist aktuell ein weit verbreitetes Schlagwort. Österreich versucht, seine Infrastruktur auf unterschiedliche Arten abzusichern. Es gilt, ein (weiteres) Blackout unserer digital-sozialen Infrastruktur zu vermeiden.

Foto von Shubham Dhage auf Unsplash

Offenheitskonsequenzen

Bruce Schneier über Large Language Models, deren Code als Open Source Software zugänglich ist – einerseits bergen solche Modelle viel Potenzial (z.B. verringerte Dominanz einzelner Unternehmen), andererseits entstehen dadurch neue regulatorische Herausforderungen (z.B. bei Haftungsfragen).

Lesenswert:

https://slate.com/technology/2023/05/ai-regulation-open-source-meta.html

Erbschaftsdiskussionen

Zwei lesenswerte Artikel zur Diskussion um die (Wieder-)Einführung einer Erbschaftssteuer in Österreich:

Peter Michael Lingens im Falter 24/23 – „Was kann Andreas Babler umsetzen?“: https://www.falter.at/zeitung/20230614/was-kann-andreas-babler-umsetzen/_a190e8b0d2

Gerald John im Standard am 18. Juni – „Man muss kein Marxist sein, um eine Vermögenssteuer für richtig zu halten“: https://www.derstandard.at/story/3000000175173/muss-kein-marxist-sein-um-einer-vermoegenssteuer-viel-abgewinnen-zu-koennen

Privatkonzertverbreitung

Berühmte Musikerinnen und Komponisten, wie z.B. Mozart oder Haydn, waren im Dienst von Fürsten und so im privaten Rahmen tätig. Heute gibt es öffentlich zugängliche Konzerte und Großveranstaltungen, wie Musikfestivals oder das Sommernachtskonzert. Gleichzeitig gibt es scheinbar im internationalen Pop/Rock/Hip-Hop einen boomenden Markt für Privatkonzerte – das wird in diesem Artikel auf sehr unterhaltsame Art beschrieben.

Wie die Veränderung wirtschaftlicher Rahmenbedingungen (Streaming vs. CDs), die Änderungen im Medienkonsum (Playlists und Kurzzeit-Trends vs. Langzeit-Fans) und die ungleich verteilte Zahlungsbereitschaft verschiedener Gruppen (Unternehmen und wohlhabende Einzelpersonen vs. Massen an Fans) zu neuen Rahmenbedingungen in der Musikbranche führen und warum jemand wie Flo Rida gerade sehr beliebt ist.

https://www.newyorker.com/magazine/2023/06/05/how-to-hire-a-pop-star-for-your-private-party

Lebensvorstellungskosten

Ein Artikel, in dem Menschen aus New York befragt wurden, wie sie sich ihre Traumzukunft vorstellen – und in dem anschließend ausgerechnet wurde, was diese kostet. Ein interessanter Einblick in die Differenzen zwischen Lebensvorstellungen, Erwartungshaltungen, Verfügbarkeiten und Preise:

https://www.curbed.com/article/cost-of-living-nyc-calculator.html

Anglizisflation

Melisa Erkurt über die inflationäre Verbreitung unnötiger Anglizismen in der deutschen Sprache – aufgrund von Sätzen wie diesen ein sehr lesenswerter Grantausbruch (aka Rant): „Inhaltsleere Wörter wie Mindset oder Vibe sollen irgendein Gefühl vermitteln, das es anscheinend gar nicht gibt, sonst hätten wir ein deutsches Pendant dafür.

https://www.falter.at/zeitung/20230607/sagt-es-halt-auf-deutsch/_d7aed0d738